Schreibimpulse

Wesentlich leben – wesentlich schreiben

hohe Wendeltreppe mit Blick nach unten
Was ist wesentlich im Leben? Was in der Sprache? Diesen Fragen geht der heutige Schreibimpuls nach.

Wesentlich werden

Das Thema ist nicht nur in der Fastenzeit aktuell: Loslassen, reduzieren, sich auf das Wesentliche beschränken. Aber was ist das Wesentliche im Leben? Für Sie sicher etwas anderes als für mich. Und Ihren Freunden, Eltern oder Kindern ist vielleicht ganz Konträres wichtig…

Dem Wesentlichen in Ihrem Leben nachzuspüren lade ich Sie mit dem heutigen Schreib-Impuls ein.
Der zweite Teil beschäftigt sich dann mit dem Wesentlichen in der Sprache: Was ist wirklich wichtig in unseren Aussagen und Texten? Wie können wir uns auch im Schreiben auf die Essenz konzentrieren?

Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann,
wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat,
sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.

Antoine de Saint-Exupéry

Das Wesentliche im Leben

Im Folgenden stelle ich Ihnen einige Impulsfragen zur Verfügung, die Sie schreibend beantworten und reflektieren können. Wie immer geht es bei dieser Art des Schreibens nicht um Grammatik, Rechtschreibung und Stil, sondern um freies, assoziatives oder meditatives Schreiben (siehe Mindwriting und Freewriting): Sie nehmen einen Stift und lassen Ihren Gedanken freien Lauf. Alles, was kommt, wird niedergeschrieben. Im Anschluss können Sie das Geschriebene noch einmal durchlesen, Wichtiges anstreichen und einen Kernsatz, eine Erkenntnis darunter schreiben.

Impulsfragen:
  • Was ist Ihnen im Leben wirklich wichtig? Woran merken Sie das?
  • Wie häufig tun Sie die Dinge, die Ihnen wichtig sind? Wie viel Zeit planen sie dafür ein?
  • Worauf könnten Sie im Gegenzug verzichten? Was könnten/würden Sie gerne streichen aus Ihrem Leben?
  • Was können Sie probeweise in nächster Zeit loslassen, wo also „fasten“ (weil gerade Fastenzeit ist): Fernseh-Fasten oder Streit-Fasten, Auto-Fasten oder Überstunden-Fasten,…?
  • Was würden Sie mit der gewonnenen Zeit anfangen?
  • Und schließlich die essentiellste und radikalste Frage von allen:1
    Wenn Sie nur noch eine Woche zu leben hätten, was würden Sie tun? Was wäre unbedingt noch zu erledigen und was möchten Sie auf jeden Fall noch erleben?

1 Ulrike Scheuermann hat ein ganzes Buch dazu geschrieben, das auch zahlreiche Schreibübungen enthält: „Wenn morgen mein letzter Tag wär. So finden Sie heraus, was im Leben wirklich zählt.“ (Knaur TB, 2013)

Wendeltreppe mit Blick nach unten

Das Wesentliche in der Sprache

Es ist eine Frage des Stils und der Persönlichkeit, ob wir uns eher ausführlich ausdrücken oder kurz und
knapp. Ich geb‘s zu: Ich bin der ausführliche Typ. Aber ich übe mich immer wieder in sprachlicher Beschränkung auf das Wesentliche.
Was heißt das konkret? Ich mache mir die Hauptaussage meiner Botschaft bewusst und überlege, was der oder die Leserin tatsächlich braucht, um diese zu verstehen. Dann prüfe ich Wort für Wort auf Notwendigkeit: Gibt es Füllwörter, die ich streichen kann? Geben die Adjektive eine wesentliche Beschreibung des Gegenstandes oder sind sie unwichtig, irrelevant? Vielleicht existiert ja auch ein
treffenderes Hauptwort, das diese Eigenschaft bereits beinhaltet?

Einige Beispiele: Eine Höhle ist immer dunkel, das muss ich extra erwähnt werden. Das „verheiratete Ehepaar“ ist eine Verdoppelung ebenso wie der „schnelle Ferrari“. Der „hohe, schwarze Hut“ ist ein „Zylinder“. Und wenn jemand „verschmitzt lächelt“, dann „grinst“ er oder sie, was eindrücklicher und kürzer ist.

Buchstabenwürfel auf einem Löffel

Auch ausschmückende Beisätze, Floskeln oder unnötige einleitende Worte können meist ersatzlos gestrichen werden. Einleitungen sind dann sinnvoll, wenn Sie den roten Faden sichtbar machen, v.a. in längeren Texten. In kurzen Texten wie Briefen und E-Mails sagen Sie jedoch besser gleich, was Sie zu sagen haben, ohne das vorher anzukündigen. Statt „Im Folgenden schicken wir Ihnen wie telefonisch besprochen die Liste mit unseren aktuellen Produkten.“ können Sie z.B. schreiben: „Danke für Ihr Interesse an unseren Produkten:“

Eine gute Möglichkeit, Kürze und Reduktion in der Sprache zu üben, sind lyrische Verdichtungen. Schreiben Sie doch einen Drei- oder Vierzeiler über ein aktuelles Thema – ganz formlos oder als Elfchen, Haiku oder Akrostichon. Die strengen Vorgaben dieser Gedichtformen bzgl. Wort- oder Silbenzahl machen es leichter, die gewünschte Kürze einzuhalten.

Hier ein Elfchen zum Thema:



Loslassen:
alte Muster,
Gewohnheit gewordene Verhaltensweisen.
Das Wesentliche wieder entdecken.
Jetzt!

Viel Freude beim Wörter-Fasten und Wesentlich-Werden
wünscht
Alexandra Peischer / schreib.raum

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